Freitag, 12. Januar 2018

Des Mannes liebstes Kind

Heute Morgen habe ich einen seltenen Moment erlebt, als ich im Zürcher Berufsverkehr einen dunkelgrünen Talbot-Matra Rancho X erblickte. Genau so einen, wie ihn meine Eltern in den späten 80er Jahren besassen. Schon damals war dieses Freizeitauto eher selten, wir waren meines Wissen weit und breit die Einzigen, die damit rumkurvten. Durch seine Farbe und der wuchtigen Erscheinung wirkte unsere Familienkutsche wie aus dem Restbestand eines militärischen Fuhrparks. Der Rancho war ein Lastesel, hatte unglaublich viel Platz und das Reisen auf der breiten Rückbank, das eher einem Sofa glich, war phänomenal bequem. Gerne erinnere ich mich an die langen Fahrten nach Marseillan, wo für uns jeweils die Hausboot-Ferien auf dem Canal du Midi sowie der Étang de Thau begannen.

Einige Jahre später schafften sich meine Eltern einen neuen Toyota Corolla Spacewagon in silber metallic an. In Sachen Design, Ausstattung und Komfort war der Japaner ein echter Quantensprung. Und mit diesem Auto absolvierte ich dann 1995, auf einem leeren Parkplatz eines Einkaufszentrums, meine ersten Meter hinter dem Steuerrad. An der Heckklappe das blaue L für Lernfahrer. Für mich eine aufregende Erfahrung mit weichen Knien,... für meine Mum eine nervtötende Reitstunde mit durchgeschwitzer Bluse... und für den Toyota der Beginn eines leidvollen Endes (die Kupplung lässt grüssen).

Im März 1996 hatte ich meinen Führerschein definitiv in der Tasche (die obligatorischen Fahrstunden absolvierte ich mit einem bordeauxroten Peugeot 405) und machte mir, wie jeder Neulenker, erste Gedanken über ein eigenes Auto. Da der Toyota alles andere als jugendlich und cool war, fädelte ich gemeinsam mit meinem Bruder einen Deal ein und war kurz darauf stolzer Co-Besitzer eines Renault R5 GTE in silber metallic. Eine französische Rennsemmel par excellence, die unsere Erwartungen weit übertraf, da sie noch ein paar versteckte Mängel mitbrachte, die wir so nicht auf dem Neulenker-Radar hatten. Das automobile Ende wurde jedoch in die Wege geleitet, als mein Bruder den Wagen in einer Nacht- und Nebelaktion zu einem befreundeten Hobbyschrauber schleppte, um ihn ein paar Zentimeter tiefer zu legen. Fazit: Sah spitzenmässig aus, hatte aber erhebliche Konsequenzen für Mensch und Maschine. Bei Vollbesetzung schleifte es in allen Radkästen, bei schneebedeckten Strassen übernahm der Renault die Aufgaben des Winterräumdienstes (unter der Frontschürze hatte eine liegende Zigarettenschachtel gerade noch so Platz) und jeder Schweller erforderte ein Stop & Go Manöver. Für den Alltagsverkehr und die Bandscheiben wurde der Renault rasch einmal unbrauchbar und kurz darauf in die Ostschweiz verkauft. An einen unerfahrenen Neulenker, der sein erstes Auto suchte und sich Hals über Kopf in unsere Kiste verliebte.

Als Nachfolger wurde erneut ein Franzose evaluiert. Ein Peugeot 306 GTi in schwarz metallic und Originalzustand: 2 Liter Maschine, 4 Zylinder, 16 Ventile, 163 PS, knackiges 6-Gang Schaltgetriebe und sportliche Fahrwerksabstimmung. Alles vom Feinsten, bis auf den Umstand, dass ich dieses Auto immer noch mit meinem Bruder teilen musste.

Dank familiären Beziehungen war ich wenig später stolzer Besitzer einer eigenen Karre, ein dunkelgrüner VW Golf II GT aus Deutschland (Importfahrzeug). Tolles Auto, markantes Design, leichte Tieferlegung ab Werk, 90 PS und Breitreifen auf 14" BBS-Felgen. Entgegen meiner Meinung gefiel der Golf jedoch nicht allen. Meine damalige Freundin setzte ihn im Kreisverkehr schwungvoll in den Vordermann und rief mich danach leicht paralysiert an. Den Golf sah ich danach nur noch, um meine Kontrollschilder abzuholen.

Als Not- und Überbrückungslösung durfte ich danach kurzzeitig das Auto ihrer Mum fahren, einen weissen Mazda 121 II. Eine japanische Designkatastrophe auf vier Rädern. Der Kugelblitz hatte null Sexappeal, hing bei 7'000 Umdrehungen jedoch ordentlich am Gas. Als Beweis folgten bald einmal gestochen scharfe Bildlichtaufnahmen, welche die Polizei innerorts machte. Von mir. Im Mazda 121. Und 72 km/h auf der Uhr. Nach Abzug aller Toleranzwerte hatte ich mir ein bürokratisches Desaster eingehandelt und die erste Anzeige inkl. Bussgeldbescheid von etwas über 900 Franken im Briefkasten. Den Mazda war ich natürlich auch los.

Zu Vorzugskonditionen kaufte ich mir dann sofort einen neuen Peugeot 206 GTi in silbergrau metallic, liess eine ordentliche Auspuffanlage aus dem Hause REMUS anbauen, legte das Fahrwerk tiefer und holte bei RONAL in Härkingen todschicke 18" Design LZ Felgen ab. Der 206 GTi war danach ein echtes Schmuckstück und liess sich wie ein Go-Kart fahren. Mit zunehmender Vernunft dachte ich jedoch immer lauter über 5 Türen, mehr Laderaum und Sicherheit nach. Ersatz musste her.

4 Jahre später, im Sommer 2003, wurde ich Besitzer eines schwarzen Kombis aus dem Hause Volvo und hatte mit dem V40 T4 meinen ersten Turbo unter dem Hintern. Dieses Automobil zündete bei 2'500 Umdrehungen den Nachbrenner und ging ab wie eine Rakete. Der Volvo war ein gutes und vernünftiges Auto. Aufpassen musste man gemäss Hinweisen in zahlreichen Foren lediglich mit den Zylinderkopfdichtungen, die ab 100'000 km gerne mal Probleme machen und beim Freundlichen dann viel Geld kosten. Ersatz zeichnete sich ab, denn ich näherte mich schnell der erwähnten Marke.

Im Kalenderjahr 2007 stellte ich den Volvo V40 T4 mit knapp 110'000 km beim BMW Händler meines Vertrauens auf den Platz und freute mich auf mein brandneues 335i E92 Coupé in spacegrau metallic mit allen Ausstattungsoptionen (das waren viele!) und sagenhaften 306 Pferden aus 3 Litern Hubraum und 6 Zylindern. Himmel, Arsch und Zwirn, ich war im automobilen Himmel angekommen! Alleine das sanfte Wummern aus den zwei Endrohren war ein Erlebnis für Körper und Geist. Erstmals durfte ich erfahren, was "Freude am Fahren" wirklich bedeutet. Dieses 335i Coupé war ein wahr gewordener Traum,... ausser im Winter, bei schneebedeckten Strassen!

Mein BMW 335i Coupé richtig in Szene gesetzt (Photocredit: Pascal Greuter)

Nachdem ich das 335i Coupé am 30.09.2013 für 18'500 Kröten an einen Junglenker mit Balkanwurzeln verkaufte, folgte mit dem 120d Cabrio (E88) mein erstes "oben ohne" Fahrzeug in saphirschwarz metallic. Kaufpreis: CHF 37'690.00, Erstzulassung 29.10.2012 und 1'490 km auf der Uhr. Das Cabriolet war Freiheit pur, sehr überschaubar, gemütlich und extrem entspannt. Dank Lenkrad-/Sitzheizung und Windschott konnte man sogar im Winter oben ohne rumcruisen und die Freiheit geniessen. Als Zweitwagen und für Last-/Schwertransporte, d.h. Grosseinkauf, konnte ich auf den BMW X3 3.0d (E83) meiner Frau zurückgreifen. Dies kam leider öfters vor, denn offenes Verdeck und montiertes Windschott begrenzten die freie Ladefläche extrem. Eigentlich war es ein reines Spassmobil, mit dem wir nicht viel mehr als 18'000 km zurücklegten.

Vor der Geburt unseres 2. Sohnes verkauften wir im Frühling 2017 beide Bajuwaren und investierten in eine neue Familienkutsche aus dem Hause Daimler AG, einen Mercedes-Benz GLE 350d 4MATIC (W166) in obsidianschwarz metallic mit AMG-Designkit. Sicherheit, Komfort, Assistenzsysteme und Raumangebot waren nun viel wichtiger als hohe Drehzahl, grosser Hubraum oder spassige Gadgets. Und bis heute hat sich der Mercedes-Benz GLE jeder Herausforderung gestellt, die wir auf kleinen Fluchten, grossen Abenteuern und allen Momenten dazwischen als Familie erleben.


Dienstag, 9. Januar 2018

Reise in die Vergangenheit

Am 16. Dezember 2017 war ich, nach langer, langer Zeit, wieder einmal in der "alten" Heimat. Dort, wo ich meine eigenen Kindheits- und Jugendjahre (1982 - 2004) verbracht und zahlreiche Dinge erlebt, angestellt und verarbeitet habe.


Irgendwie verrückt, die Vergangenheit war sofort präsent, auch wenn sich vor Ort vieles verändert hat und eigentlich kein Stein mehr auf dem anderen steht. Einzig das ehemalige Quartier lässt sich im Ansatz noch genauso erkennen, wie ich es als Kind, Teenager und junger Erwachsener wahrgenommen habe und weckte zahlreiche Erinnerungen:
  • Der kurze Schulweg, der in den ersten Jahren noch durchs Oberdorf führte und später ins nähergelegene Schulareal (Luftlinie 400 m)
  • Die vielen Stunden draussen zum Spielen (Softball-Tennis, Basketball, Strassenhockey, Verstecken im Maisfeld, Cowboy & Indianer, Drachenfliegen, Bumerang, etc.) mit den Nachbarskindern (Pascal, Patrick, Thomas, Roland, Marianne, Rebekka, Raffael, Martin, Res, Manfred, etc.)
  • Die kalten Tage im Winter, wenn vor dem Haus Iglus, Schneemänner oder Eiskanäle für den Bob gebaut wurden, heftige Schneeballschlachten stattfanden oder wir auf dem Hügel bei der Kirche stundenlang Schlitten gefahren sind
  • Die vielen Dummheiten (Böller in Briefkästen, Hundehaufen vor Türen, brennende Abfallcontainer, Eier an Hauswänden, etc.), die man in der näheren Umgebung angestellt hat und später lückenlos gestehen musste, da Mum infolge aufmerksamen Nachbarn stets bestens informiert war
  • Die langen Abende im Sommer, wenn Dad mit den Nachbarn den Grill anwarf und bis spät in die Nacht gequatscht wurde
  • Die verhasste Gartenarbeit, aber auch Erinnerungen an blühende Sträucher und Blumenbeete
  • Die Mithilfe bei der nicht immer geliebten Heimarbeit
  • Das grosse Eisenbahnzimmer meines Vaters
  • Die zahlreichen Stunden des Lernens im eigenen Kinderzimmer, aber auch x Stunden am Amiga 500 (Barbarian!), XXL-Dominobahnen durch die ganze Wohnung oder Lego-Technik vom Feinsten.
  • Starschnitte aus der BRAVO, laute Musik (Modern Talking, Hitparade, Rondò Veneziano, Queen) und Hörspiele (TKKG, Die Drei ???) ab Kassette
  • Jass- und Spielabende auf der Terrasse
  • Neue Nachbarn (Zeugen Jehovas) mit biblischen Namen, besonderem Kleiderstil, anderen Ansichten, fehlenden Festtagen und eigenen Ritualen
  • Miss Lewis, die exotische Schönheit aus Barbados 
  • Die ersten Begegnungen und Berührungen mit dem weiblichen Geschlecht,... aus doof wurde interessant, schön, spannend und geil
  • Die tollen Geburtstags-, Weihnachts- und Silvesterfeste im engsten Familien- und Freundeskreis
  • Bange Stunden der Unsicherheit bei Krankheit, Unfall und Krankenhausaufenthalten
  • Tage des Terrors und Ärger mit dem eigenen Bruder
  • Tiefste Trauer, Verzweiflung und Perspektivlosigkeit nach dem plötzlichen Tod des Vaters
  • Stärke, Unterstützung, Kraft und bedingungslose Liebe der Mutter in schweren Zeiten
  • Erste Wohngemeinschaft mit dem Bruder
  • Alkohol- und Marihuana-Eskapaden von Menschen, die ich nicht mochte
  • Verabschiedungen und Loslassen von Familie und Freunden
  • Erste eigene Wohnung und echter Rückzugsort
  • Zahlreiche Stunden für Prüfungen und Studium
  • Sport und Naherholung im Dorf und angrenzenden Waldstück
  • Das Suchen, Finden und Gehen des eigenen Weges