Vielleicht ist es eine Begleiterscheinung des Älter werdens (gemäss Bundesamt für Statistik sind 44,93 % meiner Zeit abgelaufen), aber bestimmt sind es die Ereignisse der vergangenen Wochen, die mich dazu gebracht haben, Erreichtes und Unerreichtes bewusster wahrzunehmen und z. T. kritisch zu hinterfragen. Auf vieles bin ich bescheiden stolz, ein paar Sachen würde ich heute gerne ungeschehen, anders oder gar nicht machen. Aber es ist, wie es ist,... schauen wir nach vorne.
Nun bin ich vorgestern über einen interessanten Artikel von
Bronnie Ware gestolpert, welche während acht Jahren als Palliativpflegerin gearbeitet hat. In ihrer Tätigkeit hat sie Sterbende in den letzten Wochen ihres Lebens begleitet und wurde in zahlreichen und ausführlichen Gesprächen Zeugin, was Menschen im allerletzten Lebensabschnitt bewegt. Dabei hat sie nicht nur festgestellt, dass Menschen, die mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert werden, innerlich wachsen sondern auch die breite Emotionspalette kennen gelernt, die in den letzten Momenten eines Menschen hochkommen. Ärger, Wut, Reue und meistens ein Rückblick auf das eigene Leben verbunden mit den Gedanken, was man lieber anders gemacht hätte.
Hier die fünf Dinge, die Sterbende am meisten bereuen:
- Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben: «Wenn Menschen realisieren, dass sich ihr Leben dem Ende neigt, ist es einfach zu sehen, wie viele Träume unerfüllt verpufft sind. Die meisten der Sterbenden, die ich begleitet habe, hatten nicht einmal die Hälfte ihrer Träume verwirklicht und mussten mit der Gewissheit sterben, dass sie selber dafür verantwortlich waren: Weil sie gewisse Entscheidungen gefällt oder eben nicht gefällt hatten. Statt auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören, hatten sie das Leben gelebt, das andere von ihnen erwartet hatten.»
- Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet: «Jeder männliche Patient, den ich in den Tod begleitet habe, hat diesen Satz gesagt. Sie bedauerten, die Kindheit ihres Nachwuchses und die Gesellschaft ihrer Partner verpasst zu haben. Zwar äusserten auch Frauen dieses Bedauern, aber weil die meisten von ihnen einer älteren Generation angehörten, waren nur wenige vollberuflich engagiert gewesen. Aber die Männer bereuten ausnahmslos so viel Zeit ihres Lebens in den Tretmühlen der Arbeitswelt verbracht zu haben.»
- Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken: «Viele Menschen mit denen ich zu tun hatte, haben ein Leben lang ihre Gefühle ‹der Harmonie willen› unterdrückt. Was dazu führte, dass sie sich mit einem mittelmässigen Dasein zufrieden gaben und sie sich nie zu jenem Menschen entwickeln konnten, der sie wirklich sein wollten. Ich denke, viele Krankheiten sind auf diese Verbitterung und Unzufriedenheit zurückzuführen.»
- Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben: «Viele meiner Patienten erkannten erst in ihren letzten Wochen, wie wertvoll ihre Freundschaften waren. Aber sie waren dermassen von ihrem Leben eingespannt gewesen, dass sie ihre Freunde während Jahren vernachlässigt oder ganz aus den Augen verloren hatten. Und jetzt, als sich ihr Leben dem Ende neigte, war es teilweise leider unmöglich diese alten Freunde ausfindig zu machen, um sie noch einmal zu sehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder Sterbende seine Freunde von früher vermisst.»
- Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein: «So viele Menschen realisieren erst am Ende, dass das Glücklichsein eine persönliche Wahl ist. Statt sich für das Glück zu entscheiden, bleiben viele in alten Mustern und Gewohnheiten gefangen. Die Angst vor Veränderung brachte sie so weit, während Jahren ihrem Umfeld und auch sich selber vorzugaukeln, dass sie zufrieden mit ihrem Leben seien. Obwohl sie sich tief in ihrem Innern danach sehnten, von Herzen zu lachen und wieder echten Spass in ihr Leben zu lassen.»
Mmh,... doch,... es gibt ein paar Dinge, die ich ändern muss/will: Ab morgen werde ich (noch) mehr auf meine eigenen Bedürfnisse hören, erst gegen Mittag im Büro auftauchen, meine Gefühle nicht mehr unterdrücken, alte Freundschaften intensivieren und für ein paar Veränderungen sorgen (im Weinkeller fange ich an).
Mann oh Mann,... das klingt nach Spass für die nächsten 42 Jahre und 8,3 Monate!